
ID: 3008
Kategorie: Räume und Infrastrukturen
Akteur*innen-Ebene: Baugemeinschaft, Verwaltung, Politik
Strategie-Ebene: Nachbarschaft, Stadt, Governance
Problem: Stellplätze für Autos nehmen Platz für Wohnraum und Außenflächen weg. Anspruch und Wirklichkeit beim eigenen Mobilitätsverhalten stehen in Widerspruch zueinander.
Kontext: Das Thema Mobilität hat eine Schlüsselfunktion in Bezug auf die alltägliche Organisation des eigenen Lebens und ebenso in Bezug auf eine nachhaltige Stadtentwicklung. Assoziationen zum Thema Verkehr sind im Augenblick oft verbunden mit verstopften Straßen, mit einem hohen Flächenverbrauch durch parkende Autos, hohen Feinstoffbelastungen und einer Ausrichtung auf wenige Verkehrsmittel, bei denen das Auto nach wie vor einen Schwerpunkt einnimmt.
Statt sich auf den „Verkehr“zu konzentrieren, lohnt es sich, den Begriff „Mobilität“ stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei geht es konkret um die Frage, wie wir uns durch Städte bewegen wollen, bei der nicht nur Verkehrsmittel und -wege beachtet, sondern auch Grünflächen und Ruheorte einbezogen werden.
Im Zusammenhang mit Baugemeinschaften kommt das Thema Mobilität oft dann auf, wenn es um (vorgeschriebene) Stellplätze und entsprechende Zufahrten geht oder um eigene Ansprüche und Wünsche, wie man sich in der Stadt bewegen will. Umweltpolitische Notwendigkeiten und Vorlieben im Alltag befinden sich oft in einem Widerspruch: der Wunsch nach einer autoarmen Umgebung ist zwar vorhanden, scheitert aber an der Umsetzung, nicht zuletzt deshalb, weil individueller Verkehr mit dem Auto so selbstverständlich ist. Gleichzeitig stehen viele Autos einen Großteil des Tages ungenutzt auf Parkplätzen und nehmen viel Raum ein, der nicht für andere Dinge genutzt werden kann. Baugemeinschaften sind bei Neubau durch Stellplatzverordnungen oft verpflichtet, ausreichend Parkraum zu schaffen und wissen nicht, welche Möglichkeiten es gibt, eigene Akzente bei der Mobilität zu setzen.
Soll an diesem Punkt ein Umdenken einsetzen, braucht es auch eine neue Kultur der Mobilität, die nicht alleine durch Baugemeinschaften durchgesetzt werden kann, sondern auch durch strukturelle Veränderungen auf der politischen und Verwaltungsebene angestoßen werden muss. Dafür gibt es bereits verschiedene (Ansätze für) Konzepte in Städten, die eine Multimodalität anregen, also die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel für einen Weg. Für Baugemeinschaften ergeben sich Möglichkeiten, sich dort einzuklinken: durch Car- oder Bike-Sharing, Lastenräder, Quartiersgaragen und öffentlich zugängliche Möglichkeiten zum Parken oder Aufladestationen für die E-Mobilität. Umgekehrt können auch Städte auf Baugemeinschaften zutreten und gemeinsame Konzepte erarbeiten. Wichtig und notwendig ist für die Entwicklung solcher Konzepte, viele Sichtweisen und Akteur*innen zusammenzubringen.
Lösung:
Für Baugemeinschaften:
Werden Sie sich über Ihr eigenes Mobilitätsverhalten bewusst: welche Wege müssen mit dem Auto zurückgelegt werden und an welchen Stellen ist es möglich, Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad bzw. zu Fuß zurückzulegen? In welchen Situationen kann es sinnvoll sein, Fahrzeuge gemeinsam zu nutzen? Organisieren Sie Carsharing als private Nutzer*innengemeinschaft oder durch öffentliche Angebote im Stadtraum. Richten Sie im Umfeld Ihres Projekts oder direkt im Gebäude Mobilitätsstationen ein, die Carsharing, E-Bike-Angebote und die Möglichkeit für Fahrradanhänger und Ladestationen für eine nachhaltige Mobilität in der Stadt schaffen.
Stellplatzverordnungen sind inzwischen nicht mehr überall erforderlich, bzw. es gibt Möglichkeiten, das eigene Projekt bereits in einer Satzung autoarm oder autofrei zu gestalten. Hier kann auch festgelegt werden, unter welchen Bedingungen der Besitz eines eigenen Autos erlaubt sein soll.
Auf städtischer und kommunaler Ebene:
Werden Quartiere neu geplant, ist es von vornherein möglich, autofreie bzw. autoarme Gebiete zu schaffen. In Bezug auf Stadtplanung ist es wichtig, den Menschen mehr in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt ein einziges Fortbewegungsmittel wie das Auto als Ausgangspunkt für die Planung zu nehmen.
Planen Sie gute Anbindungen an das öffentliche Verkehrssystem in Quartieren und schaffen Sie Strukturen, um Anbindungen und neue „Wegemöglichkeiten“ einzurichten und zu verbessern. Autofreie Quartiere bieten unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer*innen andere Bewegungsmöglichkeiten und Freiräume. Dafür braucht es klare und verbindliche rechtliche und bauliche Voraussetzungen. Klären Sie Bedürfnisse und Wünsche an autoarme Gebiete mit den betroffenen Bewohner*innen und vorhandenem Gewerbe in der Umgebung. Schaffen Sie attraktive Orte, die dazu einladen, zu Fuß zu gehen und mit dem Fahrrad zu fahren. Schaffen Sie auch finanzielle Anreize für Baugemeinschaften und neu zu errichtende Quartiere, die eine autoarme Umgebung erlauben. Sorgen Sie für ein Verständnis der geschaffenen Lebensqualität in autofreien Umgebungen und stellen Sie Strukturen her, die diese unterstützen.
Konsequenzen: Menschen können sich gut und sicher durch die Stadt bewegen – Wohnquartiere bieten vielfältige Aufenthaltsqualitäten und für Kommunikation. Es gibt Strukturen, die Stadtmacher*innen wie Baugemeinschaften mit in Planungen einbeziehen, wenn sie es wünschen.
Beispiel: Die Baugemeinschaft Wunschnachbarn schreiben auf ihrer Website: „Eine hohe Lebensqualität erfordert ein Mindestmaß an Mobilität: Für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, für Wochenendausflüge usw. Die meisten dieser Wege lassen sich zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem ÖPNV oder einem CarSharing Auto meistern. Und damit das keine heldenhaften Bemühungen erfordert, wurden wir zusammen mit anderen Clouth Baugemeinschaften [die auf dem selben Gelände gebaut haben] vor der Bezirksvertretung politisch aktiv, um die Busanbindung des Clouth Geländes weiter zu verbessern.“ Zusätzlich gibt es eine öffentliche CarSharing Station in der Tiefgarage und ein elektrisch unterstütztes Lastenfahrrad, das zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung gestellt wird.
Verbindung zu Muster:
Synergien bündeln; Leben im Quartier; Außenflächen; Konzept verfassen; Unterstützung finanzschwacher Gruppen