
ID: 5013
Kategorie: Abläufe und Prozesse
Akteur*innen-Ebene: Baugemeinschaft
Strategie-Ebene: Stadt, Governance
Problem: Es gibt keine oder nur wenig Zeitspielräume beim Grundstückskauf.
Kontext: Beim Grundstückskauf sind Baugemeinschaften im Nachteil im Wettbewerb mit Investor*innen, wenn ihnen kein Zeitspielraum eingeräumt wird. Diesen brauchen die Gruppen im Kontakt mit Banken, da diese oft wenig Erfahrungen mit Gruppen haben, die einzelne Kredite für den Hauskauf benötigen.
Bonitätsüberprüfungen dauern bei Gruppen länger als bei einer Person. Das führt dazu, dass Banken sich einem erhöhten Risiko ausgesetzt sehen, da ihnen unklar ist, ob Gruppen zusammen bleiben. Entsprechend fordern sie zum Teil umfangreichere Absicherungen für den Fall einer Insolvenz. Setzt sich die Gesamtfinanzierung der Baugemeinschaft aus verschiedenen Bestandteilen zusammen (Privatdarlehen, Bürgschaftskredite, Leihgemeinschaften, freiwillige Gesellschaftsanteile,…), ruft das bei Banken zusätzliche Verunsicherung hervor. Zeit braucht es auch für den Kontakt und Aushandlungsprozesse mit Stiftungen, wenn z.B. Grundstücke im Erbbaurecht gekauft werden. Bis zufriedenstellende Lösungen gefunden sind, braucht es Zeit. Hinzu kommt, dass Planungsabläufe in der Gruppe abgestimmt und ausgehandelt werden. Das muss nicht mehr Zeit als bei anderen Bauträger*innen kosten, es ist aber möglich, dass dem so ist.
Für Baugemeinschaften ist es daher eine Erleichterung, wenn genügend Zeit von vornherein eingeräumt wird, die zur Verfügung steht. Beide Seiten, Verwaltungen und Baugemeinschaften müssen dafür auf Erfahrungswissen zurückgreifen können, wie lange solche Prozesse in Anspruch nehmen können.
Lösung: Verwaltungen aus Städten mit wenig Erfahrungen über Baugemeinschaften tauschen sich mit denjenigen, die über mehr Erfahrung verfügen, über Zeitspannen aus, in denen Grundstücke für Baugemeinschaften reserviert werden sollen. Anschließend wird für das Vergabeverfahren festgelegt, wie lange Flächen reserviert bleiben, bis es zum gültigen Abschluss des Kaufvertrags kommt. Gruppen und Interessierte werden frühzeitig öffentlich informiert, wenn größere Neubebauungen von Flächen anstehen. Die Verwaltung sorgt im Austausch mit Baugemeinschaften auch dafür, dass Informationshürden abgebaut und Vergabeverfahren transparent werden.
Gibt es Schwierigkeiten, Kaufverträge abschließen zu können, finden Gruppen verlässliche Ansprechpartner*innen in der Verwaltung vor, mit denen gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.
Konsequenzen: Gibt es ausreichend Zeitspielräume, entsteht ein verlässlicher Rahmen für die Verwaltung und Baugemeinschaften, um Projekte erfolgreich durchführen zu können.
Beispiel: Die Seume 14 stand unter großem Zeitdruck, als sie nach finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten für den Hauskauf suchte. Von der Stadt wurde zwar ein Vorkaufsrecht für die Mieter*innen angeboten, dessen Haus als GmbH und Hausverein in das Mietshäuser Syndikat eingegliedert werden sollte. Allerdings gab es in der Stadt noch nicht viele Erfahrungen mit Mietshauskäufen, bei denen die zukünftigen Besitzer*innen Zeit brauchten, um eine gesicherte Finanzierung zu finden. Der Gruppe hätte es geholfen, hätte die Verwaltung konkretere Formen an Unterstützung angeboten. Durch den Hauskauf der Bewohner*innen und der langfristigen Entziehung des Gebäudes aus dem spekulativen Wohnungsmarkt hat sich inzwischen ein größeres Bewusstsein für Abläufe und Prozesse bei der Phase eines Hauskaufs im Wettbewerb mit Investor*innen gebildet. Allerdings ist es zusätzlich nötig, verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Verbindung zu Muster:
Flächenkonkurrenzen; Solidarität in der Gruppe; baugemeinschaftsorientierte Notare