Szenarien für die Kommune entwickeln

ID: 1036

Kategorie: Diskussion und Debatte

Akteur*innen-Ebene: Stadt, Verwaltung

Strategie-Ebene: Gruppe, Nachbarschaft, Governance

Problem: Städte sind nicht flächendeckend inspirierende und komfortable Orte für viele unterschiedliche Menschen, die einen Wohnraum suchen. Es fehlt Bewusstsein über die Qualitäten, die Städte und Kommunen entwickeln können, und es fehlt an günstigem Wohnraum, der so gestaltet ist, dass viele Menschen dort leben möchten.

Kontext: Die Verantwortung für die Stadtgestaltung liegt in den Händen weniger Menschen und Institutionen. Baugemeinschaften haben mit unterschiedlichen Vorurteilen zu tun, die es ihnen nicht gleichermaßen wie Investor*innen erlauben, ihre Projekte umzusetzen. Gerade in Städten mit einem nicht stark angespannten Wohnungsmarkt wird nach wie vor oft davon ausgegangen, der Markt regele sich von alleine und brauche keine Interventionen durch Städte und Kommunen. 

In einigen Städten und Bundesländern werden auch nur Baugemeinschaften unterstützt, deren Bewohner*innen Wohneigentum erwerben. D.h., es wird damit ein Konzept unterstützt, in dem einzelne Wohnungen später verkauft werden können und so ein gemeinschaftlich angelegtes Konzept zum Verschwinden gebracht werden kann. Zudem werden so von vornherein Gruppen oder Einzelpersonen, die zur Miete leben wollen, von Förderungen oder bevorzugter Grundstücksvergabe ausgeschlossen. 

Gleichzeitig gibt es einen großen Bedarf an Wohnungen in den Städten, die geschaffen werden müssen. Geht man nur von einem abstrakten Bild der „Stadt“ aus, ohne genau zu benennen, woraus lebendige Städte entstehen, ergibt sich daraus oft eine reine „Planung der Dinge“. Sollen jedoch wachsende, schrumpfende oder Städte mit alternder Bevölkerung attraktiver gemacht werden, braucht es einen anderen Blickwinkel. Wird danach gefragt, wo und wie die eigenen Kinder und Enkel*innen in der Stadt leben sollen und wie diese Stadt konkret aussieht, können andere Bilder entstehen. Es geht also beim Thema „Szenarien für die Kommune entwickeln“ nicht nur um abgetrennte und einzelne Facetten wie Verkehrskonzepte und Infrastrukturen, sondern um neue Narrative, die entstehen können. Für die Förderung von Baugemeinschaften ist zusätzlich weitere belegbare Empirie nötig, um ihren Mehrwert über längere Zeiträume erkennen und weiter unterstützen zu können. Diese Bilder, die es braucht, um Stadt zukunftsfähig zu machen und zu Orten werden zu lassen, die durch ihre Qualität anziehend wirken, können intentional geschaffen werden, was durch Szenarien entsteht. Dadurch entstehen neue Narrative über Städte, die zu einer Neuausrichtung von Stadt- und Qaurtiersentwicklung hin zu nachhaltigen Konzepten beitragen.

Lösung: Nutzen Sie Szenarien, um klare Rahmenbedingungen für Baugemeinschaften und Stadtentwicklung allgemein zu schaffen. Entwickeln Sie diese mit Menschen aus der Politik und Verwaltung, mit Nachbarschaften und Menschen aus der Umgebung der Städte, mit Menschen, die realistische oder die utopische Ideen haben. Schreiben, planen oder visualisieren Sie mit all diesen Gruppen (Zukunfts-)Geschichten, Stadtpläne, Lieblingsorte oder ähnliches, z. B. als „Best Practice der Zukunft – Baugemeinschaften im Jahr 2035“ oder weiteren Themenbereichen wie Mobilität, Begegnungsorte in der Stadt, Versorgung, oder „sicher und gesund in der Stadt leben“. Schaffen Sie online und offline Plattformen und Orte für Erfahrungsaustausch und Wissensweitergabe. Treten Sie auch mit anderen Städten in Kontakt, um zu erfahren, wie dort Konzepte zu einer guten Lebensqualität entwickelt werden und geben Sie Ihre Erfahrungen über entstandene Bilder aus Ihrer Stadt weiter. Die so entstandenen Szenarien können als Grundlage für neue Narrative dienen.

Konsequenzen: In Städten gibt es klare Bilder, auf welche Weise Veränderungen angestoßen werden können und wie Stadt in Zukunft aussehen kann.

Beispiel: In der süddeutschen Kreisstadt Kirchheim unter Teck wurde in einer Gemeinderatssitzung der Vorschlag gemacht, in dem neu zu entwickelnden Steingauquartier Baugemeinschaften verstärkt einzubinden. Eine Reaktion darauf war „wir sind doch nicht Tübingen“. Es fehlte an Vorstellungen und Bildern, die Baugemeinschaften in kleineren Kommunen als sinnvolles Instrument der Stadtentwicklung ansahen. Stattdessen herrschte das Bild vor, einige aus der Verwaltung wollten eine ideologisierte Stadtplanung durchsetzen, bei der es sich außerdem um eine unzulässige Einmischung in die Stadtplanung handele. Nach der Realisierung verschiedener Baugemeinschaften im neuen Quartier gab es drei Jahre später im Rückblick viele positive Eindrücke: es wurde erkannt, wie Baugemeinschaften zur Quartiersentwicklung beitragen können und dass sich ein langer Atem und der Aufwand durchaus gelohnt habe. 

Die Idee des Musters „Szenarien für die Kommune entwickeln“ schließt an dieses Beispiel an und versucht Wege aufzuzeigen, wie auch ohne viele eigenen Erfahrungen das Bewußtsein für neue Gestaltungswege in der Stadtentwicklung gestärkt oder hervorgerufen werden können.

Verbindung zu Muster:

Baugemeinschaften als Stadtentwicklungstool

Zukunftsfähige Mobilität

Ökologisches Bauen

Baugemeinschaft als Akteurin auf dem Markt

Grundstückssuche