
ID: 2035
Kategorie: Kommunikation und Gemeinschaft
Akteur*innen-Ebene: Baugemeinschaften
Strategie-Ebene: Gruppe
Problem: Wie schafft man langfristig günstigen Wohnraum in einer nachhaltigen Stadt? Wie entsteht eine lebenswerte Stadt für viele? Auf welche Weise kann man als Projekt auf Herausforderungen in diesem Prozess reagieren, um Lösungen zu finden? Manchmal finden sich Gruppen in einer Situation wieder, in der Probleme unlösbar aussehen.
Kontext: Baugemeinschaften sind in allen Phasen mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Das betrifft z.B. die Bildung der Gruppe und die dazugehörigen Abstimmungsprozesse, die Rechtsform, das Grundstück, die Finanzierung, den Bau und schließlich das Zusammenleben. Die Fragen und Entscheidungen, die in allen Phasen auftauchen und bearbeitet werden müssen, können Gruppen enorm belasten. Bei Herausforderungen und Problemen, die sich später im Zusammenleben entwickeln, ist es wichtig für Gruppen, sich Visionen und Wünsche zu vergegenwärtigen. Es kann hilfreich sein, die eigenen Themen in größere Zusammenhänge zu stellen und sich zu fragen, wie eine Antwort aussehen kann, die „das Problem bereits gelöst“ hat. Dafür eignet sich Szenarienarbeit, die dazu einladen kann, Probleme und Krisen als Möglichkeit zu einer positiven Veränderung zu betrachten. Sie eignete sich auch dafür, Konzepte zu entwickeln oder stärker herauszuarbeiten, welche Ideen wegweisend für die Gruppe sein sollen. Die Idee dahinter ist, für bestehende problematische oder unklare Situationen nicht ausschließlich ein Defizit auszumachen oder ein Problem zu analysieren. Stattdessen geht es um die Entdeckung von Möglichkeiten und Träumen, die in der Gruppe unabhängig von dem Problem bestehen: das Herausarbeiten gemeinsamer Ziele. Und schließlich kann ganz am Anfang Szenarienarbeit auch dafür genutzt werden, das eigene Profil, das man sich geben will, zu schärfen oder in größere Zusammenhänge zu stellen.
Lösung: Entwickeln Sie Szenarien, die beschreiben, wie das eigene Projekt in der Zukunft aussieht. Diese können das Gebäude, die Außenflächen oder die Bewohner*innen zeigen oder auch das Leben im Quartier. Wie bewegen sich Mitglieder aus der Baugemeinschaft dort, welche Orte sind inspirierend, was gibt es, was in der Zeit, in der das Szenario entwickelt wird, noch nicht besteht. Die Bilder, Texte, gespielte Szenen, Aufstellungen oder gebaute Objekte, die dabei entstehen, schaffen in der Beschreibung der Zukunft eine Idee, ob und wie Dinge verwirklicht und zu Handlungen werden können. Gehen Sie spielerisch vor und probieren Sie mit unterschiedlichsten Materialien Visualisierungen aus. Szenarienarbeit eignet sich für unterschiedlichste Menschen, weil es Wege schafft, die auch andere Ebene als eine intellektuelle anspricht. Laden Sie auch Ihre Nachbarschaft ein, um mit Ihnen gemeinsam Szenarien zu entwickeln!
Konsequenzen: Gemeinsam kreierte Szenarien können Projekte bei gemeinsamen Zielen und Wegen stärken und aufzeigen, wie diese erreicht werden können.
Beispiel: Die Genossenschaft G17 in Bremen besteht schon seit mehr als 20 Jahren. Das Projekt hat sich gut etabliert, allerdings gibt es ein Raumproblem: Familien haben sich vergrößert, Lebenswirklichkeiten sich verändert, die mit neuen räumlichen Bedürfnissen verknüpft sind. Das Gebäude der Genossenschaft bietet aber nur begrenzt Platz und in der unmittelbaren Umgebung gibt es keine Möglichkeit für eine bauliche Veränderung. Obwohl das Haus so konzipiert ist, dass Wohnungen oder einzelne Zimmer zusammengelegt oder getrennt werden können, reicht der Platz nicht mehr für die bestehende Gruppe aus. Zu der Zeit des Interviews, das mit der Gruppe geführt wurde, gab es keine Idee für eine Lösung für das Raumproblem. Im Interview erzählte eine Teilnehmerin:
„Es ist wichtig, diese Idee weiterzutragen: Wohnraum zu schaffen, der nicht Privateigentum ist, aber auch nicht nur in den Händen großer Wohnungsbaugesellschaften. Ich glaube nicht, dass das die Lösung für Wohnungsnot ist, dass jetzt alle Baugemeinschaften gründen. Das braucht schon auch noch größere Anstrengungen oder größere Wohnungsgesellschaften, aber solche kleinen Häuser können noch mal andere Impulse und Freiräume setzen. Und wenn es da einfachere Bedingungen gäbe, dass man sich nicht in Konkurrenz mit großen Firmen setzen müsste – weil ganz klar ist, wir können nicht mit so großen Wohnungsbaugesellschaften konkurrieren, aber wir bieten halt was anderes an. Wir bieten inhaltliches Wohnen an. Wo Menschen eine Beteiligung erfahren, die auch Lebensqualität schafft.“
Die in dem Interview geäußerte Vision der weitergetragenen Idee benennt zwar Grenzen, aber auch Möglichkeiten, die, wenn sie visualisiert oder als Narrativ weiterentwickelt werden, als inspirierende Quelle genutzt werden können. Ein paar Monate später hat sich nun eine Gruppe aus dem Projekt mit anderen Baugemeinschaftsinteressierten zusammengefunden, die herauszufinden versuchen, ob es möglich ist, neue Projekte in die Genossenschaft einzugliedern oder neue Projekte anzustoßen.
Verbindung zu Muster:
Außenflächen; sich als Gruppe organisieren; Gemeinschaftsräume; Gruppenbildung/Mitglieder finden; Konflikte lösen; Fähigkeiten entdecken