Einleitung in die Forschung

Städte und Kommunen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, wenn sie sich zu zukunftsfähigen und nachhaltigen Orten entwickeln wollen. Der Wandel gesellschaftlicher Altersstrukturen, die Pluralisierung und Individualisierung von Lebensstilen und ein damit einhergehender Wertewandel verändert nicht nur den Bereich sozialer Beziehungen, sondern erfordert auch eine Veränderung von bestehenden Strukturen, die sich herausbilden müssen. Steigende Mieten schaffen Verdrängungsbewegungen finanzschwächerer Gruppen. Die Organisation von Mobilität und notwendige ökologische Entwicklungen und eine Veränderung in Arbeits- und Wirtschaftsstruktur müssen in Einklang mit sozialen und infrastrukturellen Veränderungen gebracht werden. Die Wandlungs- und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zeigt sich in diesen Bereichen in Städten als wichtige Zukunftsaufgabe. Der Begriff der Lebensqualität bietet sich als Indikator für eine nachhaltige Entwicklung an, da er als Zeichen gelesen werden kann, auf welche Weise und für wen in Städten Lebens- und Aufenthaltsqualitäten geschaffen werden und an denen sich ablesen lässt, wie Städte den Herausforderungen gewachsen sind. Die Frage, die sich daraus ableiten lässt, lautet: Wie wollen wir in Zukunft gut leben?

Beim Thema Wohnen geht es zum einen um ökonomische Perspektiven, wie Nachfrage und Wohnraum in Einklang gebracht werden kann. Darüberhinaus stellt das Thema Wohnen in sozialer Hinsicht einen wichtigen Rahmen dar, der sich unmittelbar auf die Organisation des Zusammenlebens auswirkt: Leben im Quartier kann so aufgebaut sein, dass es z.B. über den Wohnraum hinaus Begegnungsorte und Rückzugsraum schafft, für die Inklusion von Gruppen sorgt, die es schwerer auf dem Wohnungsmarkt haben oder Infrastrukturen bereitstellen, die den Bewohner*innen kurze Wege erlaubt. Wohnen – so soll aufgezeigt werden – stellt mehr dar, als den bloßen Wohnraum, der geschaffen werden muss. Es geht dabei immer auch um die Umgebung und eine Gestaltung des Raums insgesamt, die mit veränderten Bedürfnissen der Bewohner*innen „mitwachsen“ kann.

Baugemeinschaften kommt in diesem Feld eine wichtige Bedeutung zu, da sie stärker als andere Akteur*innen auf dem Wohnungsmarkt in der Lage zu sein scheinen, agil auf veränderte Bedürfnisse und Notwendigkeiten zu reagieren. Sie stellen ein transformatives Moment in der Stadtentwicklung dar, die mit innovativen Konzepten soziale, ökonomische, ökologische und partizipative Veränderungen anstoßen. Baugemeinschaften sind inzwischen ein Phänomen, das in der Stadt- und Quartiersentwicklung eine relevante Größe darstellt. Nicht so sehr durch ihre Quantität, aber durch qualitative Aspekte, die beim gemeinschaftlichen Bauen und Wohnen zum Tragen kommen.

War das gemeinschaftliches Wohnen in den 1990er Jahren noch eine Randerscheinung, ist es inzwischen für viele vorstellbar und wünschenswert geworden, mit anderen ein Projekt zu gründen, um z.B. kostengünstigen Wohnraum langfristig zu sichern oder mit anderen zusammen bewußt eine Nachbarschaft und Kooperation einzugehen. Doch auch wenn das Wissen über Baugemeinschaften größer wird, stehen viele Gruppen vor vielen Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Planung und Umsetzung ihrer Baugemeinschaftsprojekte. Ebenso gibt es mittlerweile viele Kommunen, die ein Interesse haben, Baugemeinschaften zu unterstützen, die aber nicht immer über die Strukturen verfügen, um eine Unterstützung wirkungsvoll herzustellen. Außer den Baugemeinschaften und Kommunen gibt es weitere Stadtmacher*innen, wie z.B. Netzwerke und Planer*innen. Alle diese und weitere Partizipateur*innen treten miteinander in Interaktion.

An diesem Punkt setzt die Forschung über „Baugemeinschaften als Impulsgeber für eine nachhaltige Stadtentwicklung“ an. Um die Frage zu klären, welche Formen des gemeinschaftlichen Wohnens von Baugemeinschaften verwirklicht werden, wie sie sie umsetzen und welche Rolle Kommunen und Intermediäre bei ihrer Förderung spielen oder spielen könnten, haben wir mithilfe von verschiedenen Bausteinen untersucht, welche Impulse von Baugemeinschaften zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung ausgehen.