
ID: 1011
Kategorie: Diskussion und Debatte
Akteur*innen-Ebene: Verwaltung, Politik
Strategie-Ebene: Stadt, Governance
Problem: In Städten und Kommunen gibt es zum Teil nicht ausreichend Wissen darüber, welchen Mehrwert Baugemeinschaften für die Stadtentwicklung bieten können. Das führt dazu, dass sie bei Ausschreibungen für Grundstücke nicht einbezogen oder ausreichend mitbedacht werden. Das Bewusstsein fehlt, sie in den Planungen frühzeitig zu berücksichtigen und Strukturen zu schaffen, die es Baugemeinschaften ermöglichen, ebenbürtige Chancen auf Grundstücke wie Investor*innen zu bekommen.
Kontext: Insbesondere Städte und Kommunen mit wenig Erfahrungen über Baugemeinschaften und gemeinschaftliches Wohnen sehen selten einen Anlass, ihre Abläufe und gewohnte Strukturen im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnraum zu verändern und so Baugemeinschaften mit in die Stadtentwicklung einzubeziehen. Laufen die Prozesse wie gewohnt ab, haben Investor*innen häufig größere Chancen, Grundstücke zu erhalten. Die Städte vergeben dann die Chance, selber Konzepte für Quartiere zu erarbeiten, z.B. Arbeiten und Wohnen im Quartier zu verbinden. Das Entstehen solcher Konzepte wird dann fruchtbar, wenn deutlich ist, wie eine nachhaltige Stadtentwicklung auf einer normativen Ebene aussehen und wozu sie dienen soll, z.B. lebenswerte, lebendige Orte zu schaffen, die sozial, ökologisch und partizipativ gestaltet sind. Baugemeinschaften sind in diesem Geflecht aktive Stadtmacher*innen, die ihre Vorstellungen miteinbringen und umsetzen.
Ein Erfahrungsaustausch kann dazu beitragen, Strukturen zu beleuchten, die der Annahme entgegenwirken, dass etwa durch die Organisationsform als Gruppe, in der Baugemeinschaften auftreten, Prozesse nicht grundsätzlich langsamer ablaufen müssen als es in der Zusammenarbeit mit Investor*innen passiert. Ebenso kann dadurch erkannt werden, welche Strukturen notwendig sind, damit Abläufe in der Verwaltung so ausgerichtet werden, dass sie unterstützend für Baugemeinschaften wirken können.
Lösung: Benennen Sie in der Stadtplanung den Mehrwert, den Baugemeinschaften bieten können. Klären Sie, welche sozialen, ökologischen und ökonomische Qualitäten in der Stadtentwicklung gestärkt werden sollen. Überlegen Sie sich klare Abläufe, wie diese in eine langfristige Stadtplanung mit eingebunden werden können. Treten Sie als Stadt oder Kommune in einen kontinuierlichen Austausch mit Baugemeinschaften und Planer*innen, in dem die entwickelten Qualitäten reflektiert und gegebenenfalls verändert und anschließend transparent nach außen gegeben werden.
Durch vermehrte empirische Forschung kann in Langzeitstudien untersucht werden, wie soziale Aspekte in den Quartieren mit Baugemeinschaften wirken, wie ökologische Bauweisen sich auf Energie- und Strompreise auswirken und wie durch kleinteilige Parzellierungen von Grundstücken Baugemeinschaften mit in die Stadtentwicklung einbezogen werden können. Ein stärkerer Austausch zwischen Städten mit viel und mit wenig Erfahrungen mit Baugemeinschaften können den Mehrwert für letztere stärker ins Bewusstsein bringen.
Ein besseres Verständnis für den Mehrwert von Baugemeinschaften kann auch dadurch erreicht werden, dass eine stärkere Zusammenarbeit mit Netzwerken als Bindeglied zwischen Baugemeinschaften und Städten angestrebt wird. Dazu können Runde Tische für Stadtentwicklung mit Vertreter*innen verschiedenster Gruppen durchgeführt werden, wie z.B. Stadtteilinitiativen, Investor*innen, Baugemeinschaften, Bauplaner*innen, Verwaltung oder Tourist*innen.
Konsequenzen: Städte und Kommunen haben im Zuge von Quartiersplanungen und Stadtentwicklungsprojekten eine klare Vorstellung, welchen Mehrwert Baugemeinschaften schaffen können und fördern dies durch geeignete kommunikative und organisatorische Strukturen. Eine Etablierung von Baugemeinschaften als eine weitere Akteurin auf dem Wohnungsmarkt wird unterstützt.
Beispiel: Die Agentur für Baugemeinschaften in Hamburg ist eine langjährige feste Institution zur Förderung und Unterstützung von Projekten des gemeinschaftlichen Wohnens und Bauens. Außer der wichtigen Beratungsarbeit findet hier auch ein Austausch und eine Weiterentwicklung über Konzeptvergaben an Baugemeinschaften statt, die zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen. Effekte, die durch Konzeptvergaben an Baugemeinschaften angestoßen wurden, werden verstärkt als grundsätzliche Struktur bei Grundstücksveräußerungen genutzt, um gesellschaftspolitische Wandlungen anzustoßen und zu begleiten. Die Vergabe eines Baugemeinschaftspreises für besonders gelungene Konzepte und Gebäude, die in unregelmäßigen Abständen durchgeführt wird, stellt die Qualitäten von Baugemeinschaften zusätzlich in der Öffentlichkeit vor.
Veranstaltungen wie Wohnprojektetage in Zusammenarbeit mit STATTbau Hamburg und vielfältiges Informationsmaterial sorgen für transparente Kommunikation und ermöglichen den Kontakt zu bestehenden Gruppen, die noch Mitglieder suchen. Durch die verschiedenen Ansätze, die durch institutionelle Arbeitsgruppen weiterentwickelt und begleitet werden, ist Hamburg eine derjenigen Städte geworden, in der Baugemeinschaften einfacher als in anderen Orten ihre Projekte umsetzen können und das Leben in der Stadt und im Quartier mitgestalten.
Verbindung zu Muster:
Szenarien für die Kommune entwickeln
Baugemeinschaft als Akteurin auf dem Markt